Die Erziehung mit tauben Kleinkindern

Mein Name ist Jonathan (ich bin bald drei!), und ich sitzte vergnügt in der Badewanne. Mama sitzt daneben, und sie erzählt mir von Enten und Quack Quack. Daß ich sie nicht hören kann, das weiß sie sehr wohl, schließlich habe ich ja meine Hörgeräte zum Baden abgelegt. Daß ich sie aber trotzdem verstehe, das zeige ich Ihr mit meinem breiten Lachen und meinen Wutanfällen, wenn es heißt Raus jetzt, Zeit zum Schlafen. Ein entschlossener Griff, und Mama zieht mich zappelnd aus der Wanne. Und plötzlich macht ja das Abtrocknen und Pyjama Anziehen genausoviel Spaß wie das Baden zuvor. Hoppla, so kann es kommen. Mama weiß eben, was gut ist für mich. Daß sie das weiß, scheint sie allerdings erst zu begreifen, seit sie diese Abende “Für Uns” besucht, aber das laß ich lieber Mama erzählen, denn ich war ja nicht dabei. Ich weiß nur, daß wir uns jeden Tag ein bißchen besser verstehen, und das ist toll!

Also, Jonathan übertreibt ein wenig, ich bin natürlich nicht über Nacht die perfekte Mutter. Aber seit den Abenden mit anderen Eltern von hörgeschädigten Kindern, geleitet von Klaus Berger fühle ich mich im Umgang mit meinem Sohn Jonathan viel sicherer und habe an Klarheit gewonnen. Wir haben festgestellt, daß unsere Kinder zwar durch Ihre Behinderung anders sind als andere Kinder, deren Erziehung jedoch sich nicht großartig abheben muß vor der Erziehung von hörenden Kindern. Denn auch hörende Kinder wollen oft nicht hören, und schwerhörende können sehr wohl verstehen. Sie benutzen dazu andere Antennen, wie wir gemeinsam festgestellt haben, und da sollten wir unsere kleinen Kämpfer doch nicht unterschätzen.

Thema der Abende war der Zusammenhang zwischen Erziehung und Sprachentwicklung, teilgenommen haben 15 Personen, Eltern von 9 Kindern. Acht dieser Kinder sind bereits mit CI versorgt, und Jonathan bekommt seine OP am 6. Juni. Sylvia Schicktanz aus dem CIC hat ebenfalls begleitend teilgenommen, und zusammen lauschten wir, was Klaus Berger, selbst Papa, und erfahren mit hörgeschädigten Kindern seit über 20 Jahren, aus seinem Nähkästchen zu plaudern hatte.

Klaus jedoch kehrte dies um und ließ uns anhand von konkreten Beispielen erzählen, während er durch genaues zuhören die Einzelfallbeschreibungen und deren Dynamik zielgenau erfaßte. Klaus präsentierte keine Lösungen auf dem Silbertablett, sondern half uns als Eltern durch genaues hinschauen das Kind und uns selbst besser zu verstehen. Er benutzt dazu gerne kleine Hilfsmittel, wie kleine Bälle und Schnüre, und veranschaulichte damit die Familiensituationen auf dem gemütlichen Teppichboden. Oftmals erreichte er auch durch einfache Fragen, die er den Eltern stellte, daß mögliche Lösungsansätze erkennbar wurden. Es wurde sehr viel gelacht, doch auch der nötige Ernst in bewegenden Momenten war von Klaus, wie auch von der Gruppe zu spüren.

Es wurden unter anderem Themen wie Aggression, Erziehung in den Kindertagesstätten, Grenzsetzung, Schlafstörungen, selbständiges Spielen und Geschwisterkinder besprochen. Viele Eltern erkannten sich und ihre Situation in der Beschreibung von anderen Eltern wieder, was schon ein großer Trost war.
Klaus verdeutlichte mit seinen kleinen Anekdoten und Ballmustern, wie gewichtig unsere Klarheit sich auf unsere Kinder auswirkt: Kinder sind glücklich, wenn die Eltern klar sind. Und so mußten wir erkennen, daß ein (vorübergehend für das Kind enttäuschendes) klares nein unsere Kleinkinder glücklicher machen kann als die Freiheit, im Chaos der eigenen Entscheidungen zu leben. Wir Eltern müssen die Lösungen suchen. Wir müssen es unseren Kindern durch unser Verhalten ermöglichen, sich auf uns zu beziehen. (Zitat Klaus). Durch unseren Austausch wurde auch klar wie unterschiedlich unsere Kinder sind, und daß es keine Maßnahmen gibt, die auf alle zutreffen.

Diese persönlichen Unterschiede wurden nochmals sehr deutlich, als am 4. Treffen Mara (18, CI Trägerin), Anna (15, CI Trägerin) und deren Mütter, wie auch Lisa (19, Hörgeräte, möchte gerne CI) unserem Treffen beiwohnten. Sie berichteten von Ihren Erfahrungen aus einer Zeit, in der die frühe CI Versorgung noch nicht so selbstverständlich war wie heute. Wir hatten die Gelegenheit, die sehr selbstbewußten, äußerst kommunikativen und humorvollen Mädchen über Ihre Ängste, Gefühle und Erfahrungen im täglichen Umgang zu befragen. Auch die Mütter waren hilfreich im Erfahrungsaustausch. Die Frage ob Regel-oder Schwerhörigenschule trat sehr deutlich in den Vordergrund, sowie die Schwierigkeiten, die in der schulischen Laufbahn auf uns zukommen könnten. Wenn man diese jungen Frauen jedoch sah, konnte man sehen, daß viele Wege nach Rom führen, denn jede hatte eine andere Geschichte, und trotzdem haben es alle drei geschafft, so viel Persönlichkeit rüberzubringen, wie es so manch ein Hörender nicht schafft. Mir wurde klar, daß in dem Schicksal der Schwerhörigen und Tauben, sowie deren Eltern eine große Kraft liegt, für die wir sehr dankbar sein können.

Jedes Elternpaar, jeder Elternteil hat wohl aus diesen Abenden entsprechend ihrer/seiner Situation etwas anderes mitgenommen. Mich persönlich beindruckte, wie wirkungsvoll ein sich Herausbewegen aus der Opferrolle und ein Hineinbewegen in die Verantwortung sein kann. Wie Klaus so schön sagte: ”Wenn einer seinen Standpunkt ändert, müssen die anderen reagieren.“

Im Elternkreis “Für Uns”, der nach außen hin vielleicht wie eine gemütliche Kaffeerunde aussah, wurden nicht nur Hinweise gegeben und Erfahrungen ausgetauscht. Wir haben Schmerz gesehen, Trauer, Enttäuschung und Wut.
Und dann kamen auch Stolz, Erfolgserlebnisse, Lachen und das Erleben von Dazugehörigkeit.
Da wir ja alle noch oft in Erziehungsfallen tapsen, und das trotz dem reichhaltigen Nähkästchen von Klaus Berger, und auch mein Hunger nach Austausch nicht so schnell gestillt ist, finde ich 4 Abende viel zu kurz. Deshalb bin ich auch sehr froh, daß die Treffen mit einem fünften Abend ergänzt werden.

Autorin: Maria Ronen
2018-04-20T07:20:14+02:00

Ich trage zwei Hörsysteme

“Meine Erfahrungen mit verschiedenen Hörsystemen”

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich trage seit letztem Sommer auf der linken Seite ein CI, ein Nucleus Freedom, und, schon länger, auf der rechten Seite ein Power-HdO-Gerät. Ich bin also eine der Betroffenen von dem, worum es diese zwei Tage geht, und will Ihnen nun ein bisschen von meinen Hörproblemen und meinen Versuchen mit verschiedenen Hörsystemen erzählen.

1974, im Alter von 24 Jahren, wurde bei mir ein Hörverlust von ca. 40%, wie mir das damals beschrieben wurde, auf beiden Ohren im mittleren Frequenzbereich, dem Sprachbereich, festgestellt. Zu dem Zeitpunkt konnte ich dies mit den gut gehörten tiefen und hohen Frequenzen bei der Kommunikation noch ausgleichen, musste aber mein Geigenstudium aufgeben. Stattdessen ging ich mit meinem ersten Examen als Lehrerin für Musik und Mathematik an die Schule.

Schleichend nahm meine Schwerhörigkeit zu. Schließlich, Ende der 80er Jahre, musste ich so oft nachfragen, was im privaten Bereich, aber vor allem auch im Unterricht immer hinderlicher wurde, dass mir mein HNO-Arzt Hörgeräte verschrieb. Er deutete schon an, dass die Versorgung bei meiner ausgeprägten Badewannenkurve schwierig werden könnte.

Ich landete bei einer sehr geduldigen Hörgeräteakustikerin, die mir aber mit den alten, noch nicht digitalen Hörgeräten nicht wirklich weiterhelfen konnte. Ungewollt musste sie entweder die hohen oder die tiefen Töne, die ich noch recht gut hörte, mit verstärken, was zu einer unglaublichen Lärmbelästigung führte, die dann wieder den Gewinn in der Sprachverständlichkeit schmälerte. Sehr wichtig und hilfreich war dabei für mich, dass sie mir deutlich sagte, dass das nicht meine Schuld, nicht mein Versagen sei, dass es mit dem Sprache-verstehen nicht so viel besser wurde, sondern an meiner schwierig zu versorgenden Hörkurve läge. Und das, obwohl sie mir dringend helfen wollte und sicher auch unter Erfolgsdruck stand.

Versuchen Sie sich bitte hineinzuversetzen, wie es ist, wenn man in dem stillen, schallgedämpften Einstellungsraum überglücklich ist über den enormen Hörzuwachs, der viel besseren Verständlichkeit der Sprache, und schon wenn man vor die Tür tritt durch den Reifenabrieb auf der Straße das Dröhnen im Kopf unerträglich ist.

Nach langem Probieren bekam ich 1990 zwei Hörgeräte, die ich aber nach weiterem Probieren wieder zur Seite legte. In der Schule ist es immer so laut, dass ich lieber für jede Antwort zu dem jeweiligen Schüler hingelaufen bin, und mein Ohr vor seinen Mund gehalten habe, um ihn verstehen zu können. Jede neue Klasse habe ich über mein Hörproblem informiert, und es gab durchaus rührende Szenen, wenn sich so kleine Kerlchen richtig aufplusterten, um für mich laut genug zu sprechen. Alle vermochten das aber nicht, und so fing ich an, mich durchzumogeln, was in Mathematik mit Lippenlesen noch einigermaßen ging, womit ich in den anderen Fächern aber schnell an meine Grenzen kam.

Dann begann es auch disziplinarisch schwieriger für mich zu werden, wenn ich in Auseinandersetzungen, wo es ja meist sehr temperamentvoll zugeht, noch schlechter verstehen konnte. Und im Musikunterricht konnte ich aus meinem auf der Gitarre angeschlagenen Akkord nicht mehr den Anfangston des zu singenden Liedes heraushören, um nur ein paar der immer schwieriger werdenden Situationen aufzulisten.

Bei all dem Stress wurde ich am ganzen Körper krank. Das Hören hatte sich weiter verschlechtert, die Badewanne war tiefer geworden und hatte sich mehr in Richtung der Höhen verbreitert. Über den HNO-Arzt landete ich wieder bei der Hörgeräteakustikerin. Inzwischen konnte man die Hörgeräte immerhin mit dem Computer programmieren, selbst waren sie noch nicht digital. Wieder konnten mir aber diese Geräte nicht wirklich weiter helfen.

Da erfuhr mein HNO-Arzt auf einer Fortbildung von dem Mittelohrimplantat „Vibrant Soundbridge“ (wie wichtig es doch für uns Hörgeschädigte oder Patienten allgemein ist, dass die Menschen, auf deren Hilfe wir angewiesen sind, durch Fortbildungen immer auf dem neuesten Stand der Entwicklungen sind, und deshalb auch vielen Dank, dass Sie alle an diesem Symposium teilnehmen) und meinte, dass mir vielleicht dieses weiterhelfen könnte. An der Klinik, an der die Implantation erfolgen sollte, schilderte man mir dieses Implantat als sehr erfolgversprechend bei schwierigen Hörproblemen und riet auch mir nach den nötigen Untersuchungen dazu.

Ich erinnere mich noch wie heute: Einem Förster hatte dieses Implantat dazu verholfen, wurde mir berichtet, dass er die Vögel und das Blätterrauschen wieder hören konnte. Und in seiner Amtsstube konnte er bei Konferenzen wieder alles verstehen, wozu ich bei unseren Schulkonferenzen auch schon lange nicht mehr in der Lage gewesen war. Ich liebte meine Arbeit und wollte sie weiter ausüben können. So wurde dieses Implantat zum Rettungsanker für mich. Und auch der weise Rat eines begutachtenden Arztes, doch mit konventionellen Hörgeräten noch etwas zuzuwarten, da bei diesen eine Weiterentwicklung abzusehen sei, konnte mich nicht mehr aufhalten. So konnte ich nicht mehr unterrichten. Ich durfte mein Leid darüber bei einer Psychologin im Hörbehinderten Zentrum abladen.

Rechts, an meinem zu diesem Zeitpunkt etwas besseren Ohr, wurde im Sommer 1999 eine Vibrant Soundbridge implantiert. Die Operation verlief gut, die Stelle über dem Implantat, die damals noch von allem, auch zukünftigem, Haarwuchs befreit worden war, heilte schlecht, sodass ich den Prozessor außen nicht aufsetzen konnte. Ich unterrichtete also weiter ohne zu hören.
Im nächsten Frühjahr wurde mir Haut von meinem Oberschenkel an die Stelle transplantiert. Als dies verheilt war und ich den Prozessor tragen konnte, wurde schnell klar, dass sich der gewünschte Hörerfolg nicht einstellte. Ich konnte weiterhin in der Schule nicht genügend verstehen. Originalton Schüler: Jetzt bist Du doch schon operiert, warum verstehst Du denn dann immer noch nicht? Oder – versuchen Sie sich vorzustellen, wie elend ich mich fühlte, wenn mir Kinder weinend oder flüsternd ihre Geheimnisse anvertrauen wollten, und ich sie nicht verstehen konnte. Ich ahnte dann nur Bruchstücke und konnte schlecht trösten. Auch in meinem privaten Leben war es nicht besser: Beim Einkaufen sprach man mit mir nach mehreren Nachfragen in Infinitiven (Sie müssen nehmen Schere…), als wäre ich geistig behindert, meine privaten Beziehungen litten unter meinem Nicht- oder zumindest Nicht-genau- verstehen, ich konnte keine Namen mehr speichern, nicht mehr in meinem Laienorchester mitspielen, nicht mehr ins Theater, Kino,.. Meine Welt war immer enger und ich immer dünnhäutiger geworden. Oft fühlte ich mich ausgeschlossen oder nicht als Gesprächspartner erwünscht, denn mit mir war’s ja so anstrengend oder peinlich zu reden, wenn das ganze Restaurant mithören konnte, und nur ich immer noch nicht richtig verstanden hatte. Und nun hatte ich auch noch bei meiner eigenen Rettung versagt, denn bei allen anderen zeitigte das Implantat ja wahre Wunder. Ich wurde überall krank, konnte Hüfte und Daumen nicht mehr bewegen, litt unter Schwindel, Oberbauchkrämpfen, verlor ständig die Stimme und war nur noch erschöpft. Da ich meinem Kollegium nicht mit Vertretungen zur Last fallen wollte, unterrichtete ich noch bis zum Schuljahresende und ließ ich mich im Sommer 2000 in den Ruhestand versetzen.

Dass dieses Implantat nur für mittelgradig Schwerhörige, deren Hörkurve sich voraussichtlich nicht wesentlich verschlechtern würde, und die bei HdO-Geräten Probleme mit dem Gehörgang bekamen, geeignet ist, habe ich erst viel später über die Schwerhörigenverbandszeitungen herausgefunden. Für meine damals schon als hochgradig eingestufte Innenohrschwerhörigkeit mit progredientem Verlauf war es nicht geeignet, da der Prozessor dafür nicht genügend Leistung erbringen konnte und, wie mir dann auf mein Nachbohren gesagt wurde, für meine Belange so groß wie ein Apfel sein müsste, da wegen des seltenen Einsatzes niemand die Forschung für eine Verkleinerung dieses Gerätes finanzieren würde. Endlich konnte ich wenigstens in dieser Hinsicht aufatmen und musste die Schuld für den nicht genügenden Hörerfolg nicht mehr bei mir suchen.

Ich wurde Mitglied im Schwerhörigenverein, machte Kurse im Lippenablesen und in der Gebärdensprache, bekam zu dem Implantat rechts ein digitales Hörgerät links und später ein Phonak-Funkgerät zur Verstärkung desselben. Aber auch mit all diesen Hilfen konnte ich mich nur in ruhiger Umgebung mit einem Menschen wirklich verständigen. Ich holte mir wieder therapeutische Hilfe, zu groß war das Leid, und da half ja auch keine Gebärdensprache weiter: Ich war von meinem bisherigen Umfeld abgeschnitten, da die ja alle nicht gebärden konnten. Hörsturz folgte auf Hörsturz, die Anzahl meiner Haarzellen wurde immer geringer. Da ich schon so schlecht hörte, realisierte ich selbst zu spät, dass mein „Wieder- schlechter- hören“ auf einen Hörsturz zurückzuführen war, als dass therapeutische Maßnahmen noch hätten greifen können. Ich legte den Prozessor ab und trug nun das digitale Hörgerät vom linken Ohr, auf dem ich inzwischen zu wenig hörte, auf dem rechten Ohr, und konnte damit tatsächlich viel besser hören als mit dem Implantat. Die HdO-Geräte hatten eben in unvorstellbar kurzer Zeit eine unglaubliche Entwicklung genommen.

An dieser Stelle möchte ich etwas einflechten: Hörgeräteakustiker und Ärzte, eben alle, die sich mit uns Schwerhörigen befassen, müssen mit uns immer wieder Sprachverständnistests durchführen, um beurteilen zu können, ob ein Gerät oder eine neue Einstellung desselben, zu einer Verbesserung des Sprachverständnisses geführt hatten. Das verstehe ich. Gleichwohl stand ich diesen Tests über die vielen Jahre immer skeptischer gegenüber. Versuchen Sie bitte, sich in unsere Lage zu versetzen. Diese Tests
– werden in einer schallgedämpften Zelle durchgeführt
- die Wörter werden von einem ausgebildeten Sprecher vorgetragen
- es sind ausschließlich einsilbige Nomen
- wir Schwerhörigen sind sehr im Raten und Kombinieren geübt, sodass
es per Ausschlussverfahren schnell klar ist, dass es nicht Fleiß oder Kreis sondern Schweiß gewesen sein muss, weil Scheiß gewiss nicht ausgewählt worden wäre (Sie verstehen: Mit ein bisschen Anstrengung können wir bei bloßem Erkennen des Vokals und dem Erahnen eines Knack- oder Zischlautes das meiste erraten).

So kam ich oft zu Ergebnissen von 60 oder mehr % verstandener Wörter, was mit meinem Hören im normalen Leben aber auch gar nichts zu tun hatte. Ich habe verstanden, dass es lange Jahre keine Alternative zu diesen Tests gab, dass sie für die Vergleichbarkeit wichtig waren, ja, dass Sie die Ergebnisse auch für die Bestätigung Ihrer Bemühungen um eine Hörverbesserung brauchen. Gleichwohl ist es für uns wie ein Schlag vor den Kopf, wenn wir nach einem solchen Ergebnis im Alltag wieder kaum etwas verstehen können. Auf der Grundlage eines solchen Tests wurde übrigens auch eine frühere Erkundigung meinerseits in einer anderen Klinik nach einer CI-Versorgung abschlägig beschieden.
Inzwischen arbeitete ich ehrenamtlich wieder an meiner alten Schule mit, indem ich mit einzelnen Schülern das Lesen trainierte, wobei ich ihnen immer das Mikrophon des Funkgerätes direkt unter ihrem Mund befestigte.

Es kam eine Zeit, in der meine Eltern Pflegefälle wurden, ich ständig in Süddeutschland sein musste und kein Raum für meine Probleme blieb. Mit dem Funkgerät wurstelte ich mich durch, bis ich vor zwei Sommern bei einem erneuten Hörsturz auf dem rechten Ohr auch noch die Höhen verloren habe, wodurch auch das Funkgerät an seine Grenzen stieß. Inzwischen war mir durch den Rat meines HNO-Arztes und meiner Hörgeräteakustiker schon länger klar, dass das CI meine letzte Chance sein würde. Ganz wichtig war für mich die Äußerung einer meiner Hörgeräteakustikerinnen, dass mein Leben mit dem ewigen Rätselraten bei den nur rudimentär verstandenen Wörtern einfach zu anstrengend geworden sein müsste. Das wäre ja wie stundenlang Steine klopfen. Und dass ich mich jetzt unbedingt nach einem CI erkundigen müsste. Gleich versorgte sie mich mit allen nötigen Kontaktadressen. Ich bin für immer dankbar, denn das war ja vielleicht auch ein Interessenkonflikt. Gleichwohl war der Hinweis für mich immens wichtig. Sie glauben nicht, wie gut es einem tut, wenn man so deutlich gesagt bekommt, dass man nicht selbst Schuld an seinen Problemen ist, wo doch die Werbung in jedem Apothekerheft mit den neuen Hörgeräten Abhilfe für jegliches Hörproblem verspricht, und dass man so ungefähr wieder das Gras würde wachsen hören.

Ab dem Frühjahr 2008 hatte ich wieder Zeit für mich und bin sofort ins CIC und bei Frau Zichner gelandet , die nach einem Blick auf meine letzte Hörkurve und nach meinen Erzählungen über meine Situation die Indikation eines CIs für gegeben hielt . So landete ich bei Dr. Mir-Salim an der Klinik im Friedrichshain. Er hat mir offen erklärt, dass mir das CI für das Verstehen von Sprache voraussichtlich viel bringen würde, dass es aber für das Hören zumindest von klassischer Musik noch nicht so hilfreich sein würde. Außerdem hat er mich darauf vorbereitet, dass ich mich nach dem Aufsetzen des Sprachprozessors einem unter Umständen länger dauernden Hörlernprozess unterziehen müsste und je mehr man darein investieren würde, desto schneller käme der Erfolg. Weiterhin warnte er mich davor, dass am Anfang alles recht verfremdet und metallisch klingen würde. All diese Informationen waren äußerst wichtig für mich, da ich nicht noch einmal durch übertriebene Erwartungen enttäuscht werden wollte. Nach den nötigen Untersuchungen wurde beschlossen, zuerst nur mein linkes Ohr zu operieren, damit mir das rechte beim Hören-lernen helfen können würde.

Die Operation Anfang Juni letzten Jahres verlief gut (inzwischen wird ja nur noch ein kleiner Schnitt hinter dem Ohr gemacht und nicht mehr, wie damals, mein halber Kopf heruntergeklappt), alles heilte prächtig. Schade war nur, dass meine Resthörigkeit in den Tiefen verloren gegangen war. Auf die hatte ich ein bisschen fürs Hören von klassischer Musik spekuliert. Aber auch darüber hatte mich Dr. Mir-Salim aufgeklärt, dass es nur eine 50%ige Chance auf deren Erhaltung geben würde, da die notwendigen Bohrungen einen großen Stress für meine wenigen verbleibenden Haarzellen bedeuten würden.
Als Frau Zichner mir Anfang Juli, also nach ca. 4 Wochen, zum ersten Mal den Sprachprozessor aufsetzte, weinten wir zusammen vor Freude über meine ersten Höreindrücke. Ganz vorsichtig und langsam hatte sie die Lautstärke erhöht. Sofort zeigte sich, dass mich beide Geräte zusammen besser verstehen ließen als das HdO – Gerät alleine. Ich fuhr nach Hause in dem glücklichen Gefühl das „Sch“ und den Blinker im Auto schon eindeutig zu erkennen. Und nun ging ich auf Entdeckungsjagd nach Geräuschen, die ich schon ein halbes Leben nicht mehr gehört gehabt hatte. Das Brummen des Kühlschrankes, das Zischen der Therme, das Ticken des Thermostates, das Knarren einzelner Treppenstufen: alles Dinge, die mein Mann lieber nicht hören würde, über die ich aber ganz im Glück war. Die Stimme meines Mannes konnte ich schon nach wenigen Tagen auch nur mit dem CI identifizieren. Allerdings hatte alles noch einen recht metallischen Beiklang. Am nächsten Wochenende, nach einer weiteren Einstellungssitzung mit Fr. Zichner, konnte ich schon die Stimmen von vielen meiner Freunde erkennen. Und von nun an ging es mit Riesenschritten bergauf. Fr. Zichner war ganz überrascht, wie schnell ich Glockengeläut oder Kinderstimmen von draußen erkennen konnte oder Gesprächsfetzen auf dem Flur, die noch nicht einmal für mich bestimmt gewesen waren. Nach ca. 4 Wochen konnte ich als Beifahrerin wieder den Fahrer verstehen, was mir seit langer Zeit nicht mehr möglich gewesen war. Immer öfter merkte ich, dass ich etwas verstanden hatte, obwohl ich gar nicht, wie all die letzten Jahre, auf den Mund des Gesprächspartners gesehen hatte. Bei einer Messung ca. 4 Wochen nach der ersten Anpassung zeigte sich kein Unterschied mehr zwischen meinem Hörverständnis mit beiden Hörsystemen oder nur mit dem CI. Diese Messung wurde übrigens mit einem für mich neuen Test vorgenommen, der aus sinnlosen 5-Wörter-Sätzen bestand – nicht mehr so leicht zu erraten.
In den Sommerferien erkundete ich die Geräusche in der Natur: Vogelstimmen nahm ich das erste Mal seit langem wieder wahr, Fußtritte auf unterschiedlichen Böden, Wasserplätschern, Schafsblöken,…

So langsam hatte ich mich so ans „Mehr-hören“ gewöhnt, dass ich die Reaktionen meiner Umwelt „Was, das hast Du gehört?“ brauchte, um den Gewinn noch richtig einordnen zu können.
Das „Metallisch-klingen“ hat sich immer weiter zurückentwickelt. Inzwischen verstehe ich auch nur mit dem CI. Noch bin ich der Meinung, dass mein HdO-Gerät zumindest der Musik zu mehr Wohlklang verhilft, mehr warmes Volumen gibt. Beim Rumprobieren kann ich das aber nicht mehr eindeutig für alle Situationen bestätigen. Zumindest für die Störschallunterdrückung, wie z.B. in Räumen, in denen viele Menschen gleichzeitig sprechen, und das Richtungshören werde ich irgendwann ein zweites CI benötigen. Dafür hat mein HdO-Gerät einfach inzwischen nur noch zu wenige Frequenzen, sprich Haarzellen, die es verstärken kann. Manchmal verlasse ich das Haus nur mit dem CI, ohne das zu merken. In schwierigeren Hörsituationen fehlt mir aber dann doch das Hören-können mit beiden Ohren. Inzwischen war ich seit Jahren das erste Mal wieder bei Lesungen und im Sprechtheater und konnte zumindest deutlich und nicht zu exaltiert sprechende Menschen recht gut verstehen. Wer mich kennt, hält das für ein Wunder. Als kleiner Wehmutstropfen bleibt nur, dass das Hören von klassischer Musik nur Life, wenn ich auf‘s Orchester blicken kann und sehe, welche Instrumente gespielt werden, und auch dann nur bedingt ein Genuss ist. Bei Musikstücken, die ich sehr gut kenne, kann mein sich erinnerndes Gehirn mehr Wohlklang produzieren. An meine Geige habe ich mich noch nicht wieder getraut.

Für die Kommunikationsfähigkeit aber hat das CI mir einen unbeschreiblichen Gewinn an Lebensqualität gebracht, und ich bin allen, die mir dazu geraten haben, die mich operiert und bei Messungen und Einstellungen betreut haben, zutiefst dankbar.

Autorin: Brigitte Ehrmann-Neuhoff
2018-04-20T07:20:47+02:00

Ich habe eine neue Lebensqualität

Sehr geehrte Frau Otto,
Sehr geehrte Damen und Herren,

um es gleich vorneweg zu sagen: „Ja, ich habe durch das CI eine neue Lebensqualität erlangt!” Ich habe meinen Beitrag unter diese Aussage von Dr. Mir-Salim gestellt, da mir dieser Satz seit der CI-Implantation und Erstanpassung täglich vor Augen führt, was sich seither in meinem Leben verändert hat. Es sind nicht die spektakulären Veränderungen, wie unerwartetes Sprachverständnis, sondern die Kleinigkeiten, die den Erfolg für mich ausmachen. Bevor ich zu dieser neuen Lebensqualität komme, ein paar Anmerkungen zu meiner CI-Geschichte.

Angefangen hat es mit einem schleichenden Verlust des Sprachverständnisses auf dem hörgerätversorgten rechten Ohr. Auf dem linken Ohr war ich seit Mitte der neunziger Jahre fast taub. Eine Hörgeräteversorgung brachte keinen Nutzen mehr. Meine HNO-Ärztin, Frau Dr. Herrmann, brachte ein CI ins Spiel. Diese Möglichkeit erwähnte vor ein paar Jahren auch mein Hörgeräteakustiker.

Seit dem Frühjahr 2008 befasste ich mich intensiver mit dem Thema CI. Eine Informationsveranstaltung im KOSMOS-Theater versäumte ich leider, aber ich blieb bei der Sache. Ich suchte auf Empfehlung meiner HNO-Ärztin Kontakt zu Dr. Mir-Salim. Schnell bekam ich eine Rückmeldung und einen Gesprächstermin. Das intensive Beratungsgespräch fand in einer entspannten Atmosphäre statt. Alle meine Fragen wurden verständlich erklärt bzw. am Modell erläutert. Der persönliche Kontakt war hergestellt und der Termin zu den erforderlichen Voruntersuchungen vereinbart. Zwischenzeitlich kontaktierte ich Frau Willkomm von der BBCIG und Frau Lang vom CIC. Frau Lang informierte mich in einem ausführlichen Gespräch über die Möglichkeiten eines CI’s und zeigte mir unterschiedliche Geräte, von diversen Herstellern. Geduldig beantwortete sie die aufkommenden Fragen. Natürlich war ich erst einmal überfordert, die Informationsflut musste verarbeitet werden. Am Ende des Gesprächs bot sie an, dass ich jederzeit aufkommende Fragen an sie bzw. an alle Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter des CIC richten kann. Frau Willkomm wies mich auf die Aktivitäten der BBCIG hin und empfahl mir, einfach einmal unbekümmert ein Treffen zu besuchen, um mit CI-Trägerinnen und Trägern in Kontakt zu kommen.

Im September 2008 wurden die Voruntersuchungen hinsichtlich der Implantationsmöglichkeiten im VIVANTES-Krankenhaus Friedrichshain durchgeführt. Die Ergebnisse erläuterte mir Dr. Mir-Salim bei der Befundbesprechung eingehend. Fazit war, dass die gewonnen Erkenntnisse eine Implantation ermöglichten. Abschließend sagte er den prägenden Satz: Sollten sie sich für eine Implantation entschließen, dann werden sie eine neue Lebensqualität erlangen!“ Die Entscheidung lag nun in meiner Hand. Nach einigen Tagen der Abwägung, was hatte ich zu verlieren, entschied ich mich für ein CI. Von da an ging alles ganz schnell. Die Implantation fand im Dezember 2008 statt.

Die Operation und die Nachsorge verliefen problemlos. Vier Wochen später im Januar 2009 war die Erstanpassung des Sprachprozessors im CIC. Ich war merklich nervös, ja angespannt, weil ich nicht wusste was jetzt kommt. Frau Lang und Herr Berger nahmen mich in ihre Obhut. Sie merkten natürlich, wie es um mich bestellt war.

Nach den technischen Grundeinstellung des Sprachprozessors kam es zur Anpassung. Ich wurde auf alles Mögliche hingewiesen, Gutes und Schlechtes, was jetzt kommen könnte. Ja was kam, ich hörte einen Zischlaut von Herrn Berger! Dabei drehte ich mich in die Richtung, aus der der Laut kam. Im ersten Moment konnte ich mein gezeigtes Verhalten gar nicht einordnen. Mein Verhalten war dies, eines gut Hörenden! Für mich begann mit diesem Tag ein neues Zeitalter!!! Seither bin regelmäßig zur ambulanten Reha im CIC.

Die Fürsorge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat in keiner Weise nachgelassen. Noch immer bekomme ich alle Fragen mit einer Engelsgeduld beantwortet, auch die kritischen. Zwischenzeitlich wurden diverse Hörtests (u.a. Sprachverständnis) durchgeführt. Für Normalhörende simple Tests, aber für mich unheimlich wichtig. Das erste Mal seit Jahrzehnten einen kurzen Satz wahrnehmen und nachsprechen können, dass war ein sehr emotionaler Moment.

Im Alltag fallen mir die Erfolge des Sprachverständnisses nicht so vordergründig auf. Auffallend sind die Wesensveränderung, der Gewinn an Lebensqualität, so wie es Dr. Mir-Salim prognostiziert hatte. Ich bin ausgeglichener, wirke entspannter, habe weniger Hörstress und gehe wieder unter Menschen. Mich belastet ein großer Gesprächskreis oder unterschiedlichste Geräuschkulissen nicht mehr so stark wie früher. Musik ist nicht nur Krach, sondern etwas melodisches. Mein privates und berufliches Umfeld zeigt sich oft überrascht von meinem Verhalten, äußert sich positiv und nimmt Anteil an dem Gewinn der Lebensqualität.

Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich irrationale Ziele setzen und sich dadurch einen neuen Druck aussetzen. Druck hatte ich über Jahrzehnte genügend. Ich wollte alles verstehen, obwohl ich es nicht konnte. Die Folgen waren Stress, ständige An- und Verspannung und ein stetiges leises Zurückziehen. Zielsetzungen von außen, Veröffentlichungen im Internet, in Büchern oder von CI-Trägern haben mich einmal aus der Spur gebracht, dies wird hoffentlich nicht mehr geschehen. Ich habe erkannt, dass jeder CI-Träger seine eigene Geschichte hat und daher mit niemanden direkt zu vergleichen ist. Mir zu Nutzen kommt, dass vielfältige Angebot (u.a. Kommunikationstraining, Workshop zur Bewältigung des Hörstress, CI-Treff) welches seitens des CIC und der BBCIG angeboten wird. Man trifft immer auf engagierte Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter, Ehrenamtliche und Gleichgesinnte! Die Institution CIC ist für alle Betroffene ein Dienstleister dessen Arbeit und Fürsorge nicht bei bei den technischen Einstellung endet. Dafür sei hier Dank gesagt.

Abschließen möchte ich meine Ausführung mit einer Aussage meiner Frau, die seit 30 Jahren mein (Hör)Leben mit allen Höhen und Tiefen mitträgt: „Nicht nur deine Lebensqualität hat sich verbessert, sondern auch meine!“ Diesen positiven Aspekt möchte ich nicht unbeachtet und unerwähnt lassen.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

Autor: Alfred Frieß
2018-04-20T07:21:28+02:00

Hören lernen mit 71 Jahren

Nach einem Schlaganfall 1984 wurde mein Gehör plötzlich schlechter und ich bekam mein erstes Hörgerät. Bei einem zweiten Schlaganfall 1987 bekam ich das zweite Hörgerät. Zur damaligen Zeit haben mir die Ärzte keine Hoffnung auf eine OP gemacht.
Nach zweimaligem Hörsturz beidseitig immer mit Krankenhausaufenthalt, da kann man schon den Mut verlieren! Und immer ist die Familie Retter in der Not. Dank meiner Gattin sowie den Familienangehörigen wurde mir in jeder Situation geholfen.

In all den Jahren habe ich mich öfter zurückgezogen, da man einer Unterhaltung nicht immer folgen konnte. Bei einem Gespräch mit meinem Hörakustiker wurde festgestellt, das die Hörgeräte nicht mehr ausreichen. Meine Familie hat mich danach überzeugt, wenigstens mit meinem HNO-Arzt über eine mögliche CI-OP zu sprechen.

Das Ergebnis verlangte viele Voruntersuchungen ob eine OP auch möglich und sinnvoll ist. Durch Freunde in Berlin wurde mir angeboten, bei ihnen zu übernachten. Das hat viele Vorteile für mich und meine Frau gebracht, dafür unser Dank.

Im Februar 2010 wurde ich im Friedrichshain bei Priv. Doz. Dr.med. Parwis Mir-Salim vorstellig. Eine OP habe ich bis dahin ausgeschlossen, da ich Angst vor der Narkose hatte.
Als die Voruntersuchungen abgeschlossen waren, wurde mir gesagt, dass bei mir eine CI-OP möglich sei. Nach einem längeren Gespräch mit Dr. Mir-Salim habe ich dann doch der OP zugestimmt.

Die Zustimmung der Krankenkasse war nur noch eine Formsache. Es wurde ein Termin für den 23. März 2010 vereinbart. Ich möchte drei Gründe nennen warum ich der OP schließlich zugestimmt habe:

    1. hat mir der Dr. Mir-Salim die Angst vor der Narkose genommen. Dann hat er mich in einem vertrauensvollen Gespräch darüber informiert, wie solch eine OP durchgeführt wird.
    2. Im Mai 2010 haben wir GOLDENE-HOCHZEIT, denn sollte die OP gelingen, gäbe es kein besseres Geschenk von allen Beteiligten.
    3. Beim Gelingen der OP könnte ich meiner Familie vieles zurückzahlen für die Fürsorge in all den Jahren, die sie mir angedeihen ließe.

Im April 2010 bekam ich durch die Sprechwissenschaftlerin im CIC Berlin-Brandenburg den Sprachprozessor angepasst. Ich habe mich meiner Tränen nicht geschämt, als ich die ersten Töne gehört habe.

Die GOLDENE-HOCHZEIT war ein toller Erfolg denn ich bin glücklich in der Gesellschaft angekommen.
Heute müssen meine Familie und Freunde lernen, leiser zu sprechen und keiner sagt noch zu mir: „ Gib dir mal etwas Mühe!“ Auch das Telefonieren gelingt wieder. Manchmal muss ich noch nachfragen. Fernsehen muss nicht sein.

PS: Am 28 . März 2011 habe ich einen Computer-Lehrgang mit Erfolg abgeschlossen.
Ein besonderer DANK an Frau Silvia Zichner für ihre Geduld und Sachlichkeit. Es ist einfach toll, was sie mit meinem Gehör gemacht hat. Danke nochmals an alle Beteiligten für diesen Erfolg!

P.SS. Ich soll von meinen Töchtern ausrichten, dass man in Berlin einen neuen Menschen aus mir gemacht hat!

Halle /Saale den 02.April 2011 H. Haschke & Familie
2018-04-20T07:22:00+02:00

Erfahrung mit aktivem Musizieren

„Musik fängt dort an, wo Sprache aufhört.“* – Erfahrung mit aktivem Musizieren

Die ersten vier Lebensjahre verbrachte ich ohne Sprache. Das war in den 1970er Jahren.
Erst im Alter von 4 Jahren wurde festgestellt: An Taubheit grenzende Schallempfindungsschwerhörigkeit mit schwerer audiogener Dyslalie, schwerer Sprachentwicklungsrückstand.

Dank der Hörberatungsstelle Neukölln konnte die richtige Diagnose bei mir gestellt werden. Von da an gab es eine Steilaufwärts-Entwicklung: Ich bekam eine Hörgerätversorgung, lernte durch auditiv-verbale Erziehung sprechen, und mein Resthörvermögen wurde trainiert. Das war im Sonderkindergarten für hörgeschädigte Kinder in Berlin-Neukölln.

In dieser Zeit hatte ich als Kind einen großen Nachholbedarf an Wissen, so auch das „Erforschen von Musik“, die ich mit meinem Tieftonhörtest nicht komplett vernehme wie Hörende. Es fehlt bei der Wahrnehmung das Spektrum oberhalb 700Hz.

Mich faszinierte als Kind, dass die Erwachsenen in meinem familiären Umfeld bei Musik stets entspannt und fröhlich waren. Musik berührt die Menschen im tiefsten Inneren, was Sprache wohl nicht vermag, so mein Eindruck. Herauszufinden, warum das so ist, waren als Kind meine unbewusste Intention und meine Neugierde, einen Zugang zur Musik zu bekommen. Die Sprache habe ich mittlerweile durch Therapie gelernt, die Musik noch nicht.

Mithilfe einer Kinder-Orgel – zu Weihnachten als Achtjährige geschenkt bekommen – begann ich autodidaktisch Noten zu lernen. Mit zehn bekam ich Orgelunterricht, mit zwölf Klavierunterricht, mit dreizehn Querflötenunterricht. Das Notenlernen war für mich der Einstieg in die Musik, wie das Lesenlernen der Einstieg in die Literatur ist.

An der gymnasialen Regelschule entschied ich mich ausgerechnet für Musik als Pflichtfach: Ich konnte den Musiklehrer mit meiner Leistung überzeugen – trotz meiner an Taubheit grenzenden Hörschädigung. Bis zur 10. Klasse hatte es für die Musik gereicht, solange es Musiktheorie, Harmonielehre und Notenlesen war. An der Sekundarstufe II wechselte ich dann doch auf Kunst als Leistungskurs über, da Musikinterpretation rein nach Gehör tatsächlich nicht meine „Hör“-Welt ist.

Das aktive Musizieren in Form von Hausmusik ist heute – nach langer, über 20jähriger Pause – wieder ein wichtiger Aspekt für mich und für meine Musik-Wahrnehmung. Nach meiner CI-OP in 2012 wählte ich die Musiktherapie im CIC Berlin Brandenburg. Seitdem nehme ich nebenher privat Gitarrenunterricht und spiele wieder gelegentlich Querflöte, die bisher meine größte Herausforderung ist.

Mit meinem Vortrag möchte ich veranschaulichen, dass ein Zugang zur Musik für Gehörlose, Hörgeschädigte und CI-Träger sehr gut möglich ist. Resonanz und Rhythmus spüren sowie der emotionale Zugewinn stehen für mich im Vordergrund.

*Zitat von E.T.A. Hoffmann, Komponist und Dichter der Romantik
Autorin: Katja Fiebig, seit Geburt an Taubheit grenzend hörgeschädigt, CI seit 2012 (bimodale Versorgung).
Vortrag: Wachstum, Entwicklung, Integration
Vom: 4. Cochlear Implant Symposium, 24./25.April 2015, Berlin
Veranstalter: CIC Cochlear Implant Centrum Berlin-Brandenburg gGmbH
2018-04-20T07:22:35+02:00

30 Jahre hörte ich nichts

Ich bin im 83. Lebensjahr, aber noch nie konnte ich, mit beiden oder einem Ohr, normal hören.
Durch eine schwere Mittelohrvereiterung mit Operation 1941 (kriegsbedingt), hing mein Leben an einem “seidenen Faden”. Sogar vom Kriegsdienst mit Front-Einsatz war ich befreit. Mein rechtes Ohr war taub und die rechte Gesichtshälfte blieb gefühlslos, sodaß ich monatelang täglich zum Elektrisieren in die HNO-Praxis mußte.

Mein jetziger HNO-Arzt hat die teilweise Lähmung auch jetzt noch festgestellt. Auch mein Allgemein-Zustand war sehr schlecht, darum mußte ich den Besuch der Höheren Schule abmelden und ein Berufswunsch wurde unmöglich.

Hören konnte ich nur auf dem linken Ohr und die Hörleistung war mal besser, mal schlechter, hinzu kam schon damals noch ein starkes Rauschen. So blieb es bis 1981, als ich auf dem linken Ohr einen Hörsturz erlitt.
Mein -auch jetzt noch- HNO-Arzt überwies mich in das Krankenhaus Westend. Es wurde das Fehlen des Amboß festgestellt (Verlust durch die schwere Operation) und durch einen künstlichen ersetzt. Dadurch wurde das rechte Ohr zwar das bessere Ohr, aber verlassen konnte ich mich darauf nicht.

Mit pünktlicher Regelmäßigkeit mußte ich 1987, 1988, 1989 und 1990 ins Krankenhaus und auch noch dazwischen mußte ich unregelmäßig beim HNO-Arzt an den Tropf. So gingen die Jahre dahin, mit immer den neusten Hörgeräten, zum Teil mit Zuzahlungen. Dann hatte mein Hörakustiker einen guten Rat: ich soll einmal ins Krankenhaus Friedrichshain gehen und mich vorstellen. Nach mehreren Untersuchungen wurde “grünes Licht” gegeben. Erste Bedingung war, daß der Hörnerv noch intakt ist. Er war es, obwohl ich seit 30 Jahren auf diesem linken Ohr nicht mehr gehört habe!

Mitte November 2010 wurde ich dann in der HNO-Klinik Friedrichshain operiert. Nach einer Heilungszeit begann dann die Therapie mit dem neuen Gerät (cochlear implant). Die ersten Wochen war der Computer mit der Therapeutin mein erster Ansprechpartner. Die Therapeutin sagte mir, daß ich Geduld haben muß, es kann Monate dauern, bis ich einigermaßen zufrieden bin.

Mit jeder Übungsstunde konnte ich große Fortschritte erkennen, wir waren dann beide überrascht, wie schnell es vorwärts ging. Ich bin zufrieden und erfreut, daß ich mich im normalen Leben gut verständigen kann, Probleme habe ich dann, wenn das Umfeld mehr oder weniger geräuschvoll ist.
Das Telefon ist z. Z. mein größter Widersacher, aber dies werde ich auch noch hinbekommen.

Ich kann nur jedem meiner Leidensgenossen, auch in weniger aussichtsreicher Situation, raten, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, es lohnt sich (fast) immer, ich bin ein gutes Beispiel dafür.

Autor: Günter Wieland 23. Juli 2011
2018-04-20T07:23:05+02:00
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